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Mittagsmenüs werden in einer Warmhaltebox an eine Fahrerin des „Lieferservice mit der Extraportion Herz“ übergeben.

© Erlacher Höhe

29.06.2021 in Pressemitteilungen

Mit Bringdienst isolierte Menschen erreicht

Bedürftigen und in Not geratenen Menschen lieferte die Tagesstätte Windrad der Erlacher Höhe in Freudenstadt seit dem ersten Lockdown ein frisch gekochtes Mittagsmenü nach Hause. Das Angebot fand viel Zuspruch - und überaus dankbare Kundinnen und Kunden.

Großerlach/Freudenstadt. Sechszehn Monate lang hat der Lieferservice der Tagesstätte Windrad der Erlacher Höhe in Freudenstadt Menschen mit geringem Einkommen mit einem Mittagsmenü beliefert. Damit schloss das diakonische Sozialunternehmen gleich zu Beginn der Pandemie eine coronabedingte Versorgungslücke für bedürftige Menschen. Ende Juni 2021 wird das Angebot, das viel Zuspruch und dankbare Kunden fand, vorerst eingestellt, denn die Räumlichkeiten der Tagesstätte Windrad in der Rappenstraße 16 sind unter Beachtung aller Auflagen wieder für externe Gäste geöffnet.

Täglich mit zwei Fahrzeugen bis zu 40 Menüs ausgeliefert

Die Idee zu einem Lieferservice entstand, als im Frühjahr 2020 schlagartig keine externen Gäste mehr in der Tagesstätte Windrad bewirtet werden konnten, in der auch die Bewohnerinnen, Bewohner und Mitarbeitenden der Erlacher Höhe in Freudenstadt essen. Schnell sei auf eine Essensausgabe durchs Fenster und Lieferungen an einzelne Menschen umgestellt worden, sagt Wolfgang Günther, Leiter der Abteilung Freudenstadt, doch das habe nicht ausgereicht, um insbesondere ältere und isoliert lebende Menschen in der Pandemie zu erreichen. Dank Fördermitteln der Aktion Mensch, die im Mai 2020 für insgesamt zwölf Monate bewilligt wurden, konnte der „Lieferservice mit der Extraportion Herz“ starten. Zunächst wurden täglich fünf bis zehn Essen ausgeliefert, doch aufgrund der Nachfrage erhöhte sich die Auslieferungsmenge rasch auf bis zu 40 Essen pro Tag. In der letzten Phase des Projekts wurden zwei Fahrzeuge parallel zwischen 11 und 13 Uhr für die Auslieferung eingesetzt. Die Menüs wurden zu den regulären Preisen der Tagesstätte in Höhe von 4,20 Euro abgegeben, die Lieferung erfolgte für die Kundinnen und Kunden kostenfrei.

Die Nachfrage, so Günther, sei noch höher gewesen, doch man habe aus logistischen Gründen nur in der Kernstadt von Freudenstadt und nahen Teilorten ausliefern können. Oft waren es die Kinder, Enkel oder der Pflegedienst, die nach Essen für die meist älteren Menschen anfragten. Helmut Haist, der als Leiter der Tagesstätte Windrad den Lieferservice aufgebaut hat und für die Speiseplanung, das Kochen, die Lieferung und Logistik zuständig war, erzählt, wie gut das Angebot vor Ort bei den Kunden aufgenommen wurde: „Die ersten paar Mal war der Kontakt oft etwas verhalten, vermutlich teilweise aus Scham. Aber in den allermeisten Fällen tauten die Kundinnen und Kunden schnell auf, waren froh und dankbar über eine warme Mahlzeit und eine kleine Abwechslung.“ Viele standen schon an der Tür oder saßen bereits am Fenster, um nach dem Lieferbus Ausschau zu halten. „Bevor man an der Tür klingeln konnte, hörte man schon das Surren des Türöffners“, so Haist.

Kunden erzählen von Krankheiten, Sorgen und Nöten

Eine ältere, mittlerweile leider verstorbene Dame habe sich immer überschwänglich mit Worten und kleinen Geschenken in Form von Schokolade oder Pralinen bedankt. Als ehemalige Gastronomin habe sie den Essensservice sehr zu schätzen gewusst. Bei einer anderen älteren Dame habe man in den ersten Wochen das Essen immer vor der verschlossenen Tür auf einem Schemel abstellen müssen. Nach kurzer Zeit habe sie den Fahrer für einen kleinen Plausch ins Wohnzimmer gebeten. „Alle, wirklich alle Stammkunden haben von ihrem Leben erzählt, von ihren Krankheiten, Sorgen und Nöten“, so Haist.

Diese Erfahrungen machten das vorläufige Ende der Essensauslieferungen nicht leicht, sagt Abteilungsleiter Wolfgang Günther. Doch die aktuelle Situation ermögliche jetzt eine Rückkehr zum Normalbetrieb in der Tagesstätte. Für einzelne Kundinnen und Kunden sucht die Erlacher Höhe Freudenstadt individuelle Übergangslösungen, um die Versorgung zu sichern. Auch mithilfe von Ehrenamtlichen, die bereit sind, weiterhin das eine oder andere Essen aus der Windrad-Küche an eine Haustüre zu bringen – samt der Zeit für ein kleines Pläuschchen.