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Aufgrund der steigenden Infektionszahlen fand das Treffen per Zoom statt.

© Screenshot Erlacher Höhe

26.07.2022 in Pressemitteilungen

„Wir müssen eine Armutswelle verhindern“

Austausch mit Grünen-Chefin: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, hat sich am Mittwoch mit Erlacher Höhe Vorstand Wolfgang Sartorius und den Abteilungsleitenden des diakonischen Sozialunternehmens zu sozialpolitischen Themen ausgetauscht.

Großerlach. Nach einer kurzen Vorstellung der Arbeitsfelder der Erlacher Höhe, die Menschen in sozialen Notlagen in der Wohnungsnotfallhilfe, den Arbeitshilfen, der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe und der Pflege an 16 Standorten in Baden-Württemberg unterstützt, erkundigte sich die Grünen-Chefin gezielt nach der Situation im Bereich Pflege. Karl-Michael Mayer, Leiter des Pflegeheims der Erlacher Höhe am Standort Erlach, in dem vorrangig ehemals wohnungslose Menschen ein Zuhause finden, schilderte den aktuellen Notstand. Auf der einen Seite gebe es eine hohe Nachfrage nach Plätzen, so Mayer, deshalb sei auch ein Neubau des Pflegeheims mit einer Erweiterung von 30 auf 60 Plätzen in Planung. Auf der anderen Seite habe man aktuell kaum genügend Fachkräfte, um die jetzige Zahl an Bewohnerinnen und Bewohnern angemessen zu versorgen. Coronabedingte Ausfälle und die einrichtungsbezogene Impflicht hätten den Personalnotstand weiter verschärft. „Es gibt kaum jemanden ohne Frust“, fasst Mayer zusammen, „viele Mitarbeitende wollen aussteigen“. Lang dankte für die Schilderung, die „alles andere als erfreulich“ sei. Das Thema sei in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt worden, man müsse „weg vom ökonomischen Druck kommen“.

Die Fragen, wie Menschen, die ohnehin schon wenig haben, davor geschützt werden können, angesichts steigender Energiepreise und Lebensmittelkosten weiter abzurutschen, stellte Abteilungsleiter Michael Belz. „Wie wollen Sie verhindern, dass Menschen der Strom abgestellt wird, weil sie ihre Jahresrechnung nicht bezahlen können?“ Der Grünen-Chefin sprach sich für Notfallmaßnahmen aus wie ein Moratorium für Strom- und Gassperren sowie ein Kündigungsmoratorium für Mieterinnen und Mieter. „Wir müssen einen Armutsschirm aufspannen, eine Armutswelle verhindern“, sagte Lang.

Welche dramatischen Folgen der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat, schilderte Wolfgang Günther, Leiter der Abteilung Freudenstadt der Erlacher Höhe. Der soziale Mietwohnungsbau sei viele Jahre lang sträflich vernachlässigt worden. Der Stopp der staatlichen KfW-Förderung sabotiere den sozialen Wohnungsbau zusätzlich. „Wir brauchen endlich eine Wohnungspolitik, die das Grundrecht auf Wohnen für alle Menschen verwirklicht!“ erklärte dazu Wolfgang Sartorius.

Auch die vom Finanzministerium geplanten Kürzungen bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen wurden von Seiten der Erlacher Höhe scharf kritisiert. Andreas Reichstein, Leiter der Abteilung Calw-Nagold, wertete die Pläne als „große Keule von Herrn Lindner“, die in seinem Bereich 37 Arbeitsplätze von Menschen gefährde, „die sonst keine Chance hätten“. Die
Grünen-Chefin entgegnete, der Haushalt sei noch nicht beschlossen. Man werde sich weiterhin mit aller Kraft für soziale Politik einsetzen, beispielsweise mit dem Bürgergeld und weiteren Entlastungen für jene, die sie am meisten brauchen.

Mit welchen Maßnahmen die Erlacher Höhe der Klimakrise begegnet, berichtete Umweltbeauftragter Reiner Schumacher. Grünen-Chefin Lang bedankte sich abschließend herzlich für die Praxisschilderungen. „Das hilft dabei, für Themen zu kämpfen“, so die Bundestagsabgeordnete. Vorstand Wolfgang Sartorius schloss mit der Forderung, die Politik müsse nun schnell und gezielt verhindern, dass Menschen ins Elend geraten oder dort verharren, und einem Zitat von Friedrich von Bodelschwingh: „Macht schneller, denn sie sterben sonst darüber!“